Social Franchising

Skalierbarkeit gemeinnütziger Projekte

 

„Diese Begierde, die Pyramide meines Daseins, deren Basis mir angegeben und gegründet ist, so hoch als möglich in die Luft zu spitzen, überwiegt alles andere und läßt kaum augenblickliches Vergessen zu.“ (Johann Wolfgang von Goethe).

Aus der Bezeichnung „Nonprofit“ lässt sich bereits folgern, dass die reine Profitsteigerung nicht das Hauptmotiv für Nonprofit-Organisationen bildet. Es geht vielmehr darum, Probleme, Herausforderungen und Lücken im gesellschaftlichen System aufzudecken und einen Anteil zur Lösung beizutragen. Diese gesellschaftlich als sinnvoll und notwendig anerkannte Mission stiftet Sinn und entwickelt sich bisweilen im rasanten Tempo fort. Goethe wollte sich nicht säumen und ebenso geht es vielen NPOs, die Ihre Projekte so schnell und gemeinwohldienlich wie möglich in die Welt tragen wollen.

Doch sind diesen Bemühungen Grenzen gesetzt und die latente Gefahr der Überforderung und des „Ausbrennens“ kann selbst die schönste Poesie zum unendlichen Ehrenamt wandeln. Bildet Social Franchising hier ein Lösungsmodell?

1. Definition Business Franchising

Dem Deutschen Franchiseverband zufolge versteht man unter Franchising ein auf Partnerschaft basierendes Vertriebssystem, bei dem Neuunternehmer ein etabliertes Geschäftskonzept gegen eine Gebühr nutzen dürfen.

Zu den wesentlichen Bausteinen eines klassischen Franchisekonzeptes zählen eine gewinnbringende Geschäftsidee, standardisierte Prozess-Strukturen und eine organisatorische Aufteilung in Franchisegeber und Franchisenehmer als kooperierende Einheit. Die Vorteile aus Sicht des Franchisegebers bestehen im geringeren Ressourcenbedarf, einer schnellen Expansionsmöglichkeit bzw. Skalierbarkeit und einem verringerten Risiko. Aus Sicht des Franchisenehmers liegen die Vorteile in der Beibehaltung der Selbständigkeit, einem erleichterten Markteintritt sowie im Erfahrungsaustausch. Zu den Nachteilen zählen seitens des Franchisegebers beispielsweise niedrigere Einnahmen und seitens des Franchisenehmers fehlende Einflussmöglichkeiten auf das Gesamtkonzept.

Zu den bekanntesten Franchise-Unternehmen zählen beispielsweise Mc Donalds, Subway, OBI, Fressnapf, Apollo Optik und Tchibo.

2. Social Franchising

2.1 Begriffsbestimmung      

Unter Social Franchising ist eine Möglichkeit zur quantitativen und systematischen Verbreitung gesellschaftlich wertvoller Lösungsansätze zu verstehen. Es nutzt dabei die Mechanismen des Business Franchising:

„Social Franchising is a development approach that applies modern commercial franchising techniques to achieve social rather than commercial goals“ (Smith).

Hackl bezeichnet die Übertragung des kommerziellen Franchisings auf das Social Franchising in ihrer Arbeit „Social Franchising. Social Entrepreneurship“ überspitzt als „McDonaldisierung des sozialen Sektors“. Es ist jedoch kein neuer Ansatz, dass erprobte Instrumente aus der Betriebswirtschaft als Fundament für den Nonprofit- oder Public-Sektor dienen. Überblickend betrachtet beruhen ganze Nonprofit- (z.B. Freiburger Management-Modell) oder Public-Managementkonzepte (z.B. New Public Management) auf Modellen der privaten Wirtschaft.

Lahme, der sich in seiner jüngst erschienenen Dissertation intensiv mit dem Thema beschäftigt hat, erkennt drei typische Merkmale für Social Franchising:

„Kennzeichnend für ein Social Franchisesystem sind ein einheitlicher Auftritt im Markt, die Einhaltung gleicher Qualitätsstandards sowie die Orientierung an einer gemeinsamen Wertephilosophie.“

Modelle

Modell A

Zwischen dem Social Franchisegeber und dem Social Franchisenehmer entsteht kein Geldfluss. Die Akteure sind in der Finanzierung ihrer Tätigkeiten nicht voneinander abhängig. Einerseits gewährt dieses Modell ein hohes Maß an Flexibilität, andererseits kann es zu Konkurrenzsituationen hinsichtlich der Spendenakquise kommen.

Modell B

Der Franchisegeber finanziert in diesem Modell den Franchisenehmer. Dies ist notwendig, sofern der Franchisenehmer nur eine geringe Finanzdecke besitzt; etwa aufgrund geringer finanzieller Hilfen durch Förderer.

Modell C

Der Franchisenehmer ist aufgrund fließender Finanzquellen wie Spenden oder Zuschüssen und/oder Leistungsentgelten unabhängig vom Franchisegeber. Zur Unterstützung des Franchisesystems muss er vielmehr an den Franchisegeber Gebühren entrichten. Im Gegensatz zu Modell A und B ist diese Vergütungsform auch in gewinnorientierten Franchisesystemen üblich. Obwohl das Modell im Nonprofit-Sektor teilweise kritisch gesehen wird, kann es, du Toit zufolge, zur Steigerung der Verbindlichkeit beitragen.   

Beispiel

Ein Beispiel für ein Social Franchise-Modell bildet das im Jahr 2002 in Hamburg von Rose Volz-Schmidt gestartete Projekt „wellcome“. Es möchte Eltern dazu ermutigen, sich auf das „Abenteuer Familie“ einzulassen. Das Kernangebot von wellcome bezieht sich auf Unterstützungen für Familien nach der Geburt eines Kindes. Es existieren momentan rund 230 Standorte in 14 Bundesländern sowie in Österreich und in der Schweiz.

Franchisegeber für die wellcome-Teams ist die wellcome gGmbH. Sie verantwortet die Multiplikation, die Weiterentwicklung, die zentrale Öffentlichkeitsarbeit und besitzt die Markenrechte. Die Franchisenehmer verantworten die Arbeit vor Ort. Es handelt sich dabei zumeist um Einrichtungen der freien Jugendhilfe, die bereits in anderen Feldern mit jungen Familien arbeiten.

Das Konzept entspricht Modell C. Die wellcome gGmbH schließt Kooperationsverträge mit den Träger-Einrichtungen der wellcome-Standorte. Diese übernehmen das wellcome-Konzept und setzen es vor Ort um. Gegen eine Kooperationsgebühr können die Franchisenehmer nach einem mehrstufigen Gründungsverfahren die Idee, die Marke, das Know-how und Wissen von wellcome nutzen.

Kurz und Knapp

Social Franchising kann ein Alternativmodell zur bisweilen recht starren, unflexiblen Verbandsstruktur bieten. Es kann unabhängig von der gemeinnützigen Rechtsform initiiert werden und ermöglicht eine schnelle Skalierung gemeinnütziger Projekte.  

Ein Risiko besteht in der Entwicklung einer Eigendynamik der regionalen Standorte, wenn diese ihre Leistungen zu stark individualisieren und dadurch das Franchisesystem verwässern. Darüber hinaus sind Strategien notwendig, die ungeachtet der räumlichen Distanz eine fortlaufende Kommunikation zwischen den Beteiligten sowie eine Identifikation mit der gemeinsamen Mission gewährleisten. Letztlich steht und fällt das Franchisesystem mit dessen sozialem Anspruch und Zusammenhalt: „Skaliere uns die Welt, solange der Sinn uns hält.“

Zum vollständigen Beitrag, Heft 3 2019, Rubrik "Kooperationswissen im Non-Profit-Bereich", der Zeitschrift Stiftung & Sponsoring